Awareness – damit sich alle Menschen frei und sicher fühlen können

Damit Jugendliche und junge Erwachsene in Bars und Clubs weder Diskriminierung noch Gewalt ausgesetzt sind, braucht es Sensibilisierung und Informationsaustausch. Dafür setzt sich auch die Opferhilfe beider Basel ein.

Die Basler Jugendstudie aus dem Jahr 2022 zeigt deutlich auf, dass sich junge Menschen im Ausgang nicht sicher fühlen. Dies trifft vor allem auf Frauen dazu. Das führt dazu, dass sie gewisse Angebote meiden, sich zurückziehen und in Angst leben. Ähnliche Resultate gibt es schweizweit.

Das gleiche Bild zeigen Untersuchungen zu Festivals, zum Beispiel der «Bericht zu sexualisierter Gewalt in Clubs und Festivals in der Schweiz» vom Verein Helvetiarockt von 2023. Sexualisierte Gewalt sowie andere Grenzverletzungen sind in der Festival-, Club- und Barszene verbreitet. In Basel kommt dazu, dass Kleinbasel heute als Hotspot für Gewalt und Drogenkriminalität zählt, was zu untragbaren Zuständen für die ganze Bevölkerung führt.

Wann werden Grenzen überschritten?
Auf Mitte Jahr tritt das revidierte Sexualstrafrecht in Kraft. Es verankert die «Nein heisst Nein»-Regelung. Wenn jemand gegen den Willen des Opfers eine sexuelle Handlung vornimmt, gilt dies neu als Vergewaltigung. Vorangegangen waren lange Diskussionen, auch darüber, ob eine «Nur ja heisst ja»-Regelung eingeführt werden soll, ob eine Person ausdrücklich einer sexuellen Handlung zustimmen muss. Dies hat zahlreiche Fragen in der Gesellschaft aufgeworfen und zu einer verschärften Polarisierung rund um Grenzverletzungen geführt. Was ist nun noch erlaubt? Wann mache ich mich strafbar? Wie individuell sind Grenzen, wie soll man diese kommunizieren? Und wie lässt sich einfordern, dass sie eingehalten werden? Diese Fragen beschäftigen vor allem junge Menschen.

Opferwissen als zentrale Motivation
Die OHbB kennt die Opfer gut und weiss, wie gross das Leid und die Angst sind. Die Schilderungen der Opfer sind krass. Das darf nicht sein. Clubs können mithelfen, Gewalttaten zu verhindern oder zu erschweren, dass es dazu kommt. Hinzu kommt, dass es betroffenen jungen Erwachsenen und Jugendlichen oft schwer fällt, eine Anzeige zu erstatten. Somit geraten zahlreiche Vorfälle nicht in den Fokus der Strafverfolgungsbehörden. Entsprechend gross ist die Dunkelziffer.

Die Opferhilfe beider Basel ist überzeugt, dass Prävention einen wichtigen Beitrag leisten kann, um Übergriffe einzudämmen. Konkret wollen wir uns aktiv für Awareness in der Freizeit und im Ausgang einbringen. Dazu engagieren wir uns gemeinsam mit wichtigen, zentralen Partnerinnen und Partner für gelebte Awareness im öffentlichen Raum sowie in der Festival-, Club- und Barszene.

Definition und Grundgedanken von Awareness
Der Begriff der Sicherheit wird häufig negativ verstanden, im Sinn von «keine Gewalt» oder «keine Risiken». Doch eine neue, positive Definition ist hilfreicher: Sicherheit als das subjektive Gefühl, dass die individuellen Grenzen respektiert und gewahrt werden. Dass Menschen kollektiv Verantwortung für das Wohlbefinden ihrer Mitmenschen übernehmen. Dies ist nur möglich, wenn Voraussetzungen erfüllt sind, um diese Sicherheit, Selbstbestimmtheit und Handlungsfähigkeit im Fall einer Grenzüberschreitung wiederherzustellen.

Was ist Awareness?
Die Awareness Akademie setzt sich dafür ein, dass diskriminierende Strukturen und Mechanismen in der Clubkultur erkannt werden und diesen gezielt entgegengewirkt wird. Sie versteht unter dem Betriff Awareness «das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit für Situationen, in denen die Grenzen anderer überschritten werden oder wurden.» Dabei können «alle Formen von Diskriminierung und (sexualisierter) Gewalt» eine Rolle spielen. Gleichzeitig geht es auch um Sensibilität für das Wohlbefinden einer Person.

Was ist das Ziel von Awareness? Für die Akademie geht es darum, «dass sich alle Menschen unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung, Hautfarbe, Herkunft, Aussehen und körperlichen Fähigkeiten möglichst wohl, frei und sicher fühlen können.» Dieses Bewusstsein und diese Aufmerksamkeit kann die Polizei als «Hüterin» des herkömmlichen Sicherheitsverständnisses allein nicht sicherstellen. Hier braucht es verschiedene Playerinnen/Player und Institutionen, die miteinander diese Zielsetzung verfolgen und sich dafür engagieren.

Wofür sich die Opferhilfe einsetzt
Mit der Lancierung des Codewortes «Ist Luisa hier?» hat die OHbB im Jahr 2019 bereits einen ersten wichtigen Schritt unternommen. Zu Beginn waren es Informationsveranstaltungen für Mitarbeitende aus Bars und Clubs. Seit Herbst 2023 bieten wir auch Workshops zur Thematik «safer place» an. Dabei geht es um ein Verhaltenstraining für Mitarbeitende, damit sie in konkreten Situationen besser wissen, was zu tun ist. Etwa wenn eine Person aufgrund einer Belästigung Hilfe benötigt und mit der Frage «Ist Luisa hier?» an die Theke kommt. Bei der Frage, wie sich ein Betrieb zu einem sichereren Ort für die Gäste entwickeln lässt. Oder wie eine Bar Awareness leben kann.

So ist auch die Zusammenarbeit mit imagine entstanden. Imagine ist ein unglaublich tolles Projekt und Festival. So viele junge Menschen sind dabei involviert und machen unzählige Attraktionen möglich, die begeistern. Imagine hat sich schon früh mit Awareness befasst. Hier wollen wir zusammen mit dem Verband der Basler Psychologinnen und Psychologen (PPB) noch einen Schritt weitergehen und dem Aspekt der Awareness zu breiter Wirkung verhelfen.

Mit der PPB engagieren wir uns zusammen mit Imagine für noch mehr Vergnügen, Attraktivität und Sicherheit am Festival in Basel. Jede Belästigung und Grenzverletzung weniger ist ein Erfolg für die ganze Gesellschaft!