Schutz vor Stalking endlich gesetzlich verankern

In der Schweiz soll Stalking als eigener Straftatbestand im Strafgesetzbuch verankert werden. Die Opferhilfe beider Basel begrüsst diese längst fällige Anpassung. Damit wird auch der Opferschutz gestärkt.

Im letzten Jahr hat die Opferhilfe beider Basel rund 80 Opfer von Stalking beraten. Frauen sind mehr betroffen als Männer, werden also häufiger beharrlich bedroht, verfolgt oder belästigt und dadurch auf psychischer, körperlicher und sozialer Ebene beeinträchtigt.

Fehlende gesetzliche Grundlage
Bis heute kennt die Schweiz keinen Straftatbestand für Stalking. So fehlt eine ausdrückliche rechtliche Grundlage dafür, die Täter oder Täterinnen strafrechtlich zu belangen. Die Schweizer Opferberatungsstellen kritisieren schon lange, dass die geltende Praxis für Opfer und Beratende mehr als unbefriedigend ist.

Zwar stehen einzelne Stalking-Handlungen wie Nötigung, Körperverletzung und schwerere Straftaten gegen die sexuelle Integrität in der Schweiz unter Strafe. Doch dies reicht nicht, wie ein ausführlicher Bericht des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann zu Stalking aufzeigt.

Ungenügender Schutz
Mit der heutigen gesetzlichen Grundlage kann Stalking nicht als Verhalten erfasst werden, das sich über einen längeren Zeitraum erstreckt und sich aus verschiedenen Straftaten zusammensetzt. Auch reichen die begangenen Einzelhandlungen oft nicht aus, um als Nötigung zu gelten oder einen anderen Straf­tatbestand zu erfüllen. Dies obwohl Opfer dadurch beeinträchtigt werden. Und das geltende Gesetz gibt urteilenden Instanzen einen sehr grossen Ermessensspielraum. Dadurch sind Urteile oft wenig nachvollziehbar und die Gleichbehandlung der Opfer ist nicht garantiert.

Die Schweiz als Sonderfall
Rund die Hälfte der europäischen Staaten verfügt heute über einen Stalking-Artikel im Strafrecht. Im  angelsächsischen Raum wurden diese Anfang der 1990-er Jahre eingeführt. Dann folgten skandinavische Länder, 2006 auch Österreich und 2007 Deutschland. Und auch die Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, welche die Schweiz mitunterzeichnet hat, verlangt von den Vertragsstaaten ausdrücklich, solches Verhalten unter Strafe zu stellen.

Im vierten Anlauf
Es gab in der Schweiz durchaus Versuche, eine entsprechende Strafrechtsnorm einzuführen. Doch in den letzten 15 Jahren sind alle drei Anläufe gescheitert. Nun hat die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates den Ball aber erneut aufgenommen und im  Mai dieses Jahres einen Entwurf in die Vernehmlassung geschickt.

Geht es nach dem Willen der Kommission, soll Stalking unter dem Begriff «Nachstellung» als separater Straftatbestand ins Strafgesetzbuch und ins Militärstrafgesetz aufgenommen werden. Als Nachstellung gilt, «wer jemanden beharrlich verfolgt, belästigt oder bedroht und ihn dadurch in seiner Le­bensgestaltungsfreiheit beschränkt.» Dafür sollen Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren oder Geldstrafen gelten.

Stalking bekommt mehr Gewicht
Mit dieser Ergänzung bezweckt die Nationalratskommission, Opfer von Stalking strafrechtlich besser zu schützen. Die Opferhilfe beider Basel begrüsst die Initiative der Kommission ausdrücklich und steht voll und ganz hinter dem konkreten Entwurf. «Die Schaffung eines separaten Straftatbestandes verleiht dem Thema das notwendige Gewicht», sagt Geschäftsleiter Beat John. «Dadurch wird auch der Opferschutz gestärkt.» Die Täter können in Zukunft ausdrücklich strafrechtlich verfolgt werden.