«Aussen hart und innen ganz weich»
Liebe Leserin, lieber Leser
Wann ist ein Mann ein Mann? Das fragt Herbert Grönemeyer in seinem Erfolgssong «Männer» seit 40 Jahren. Die Frage ist aktuell und treibt Männer um. Auch jene, die zu uns in die Beratung kommen.
In den Gesprächen mit unseren Fachleuten wird vieles deutlich. Dass auch Männer Opfer von häuslicher und sexualisierter Gewalt werden. Dass es für sie enorm viel Überwindung braucht, unser Angebot in Anspruch zu nehmen. Und dass sie in ihrem Rollenbild als Mann tief verunsichert sind. Denn Hilfe anzunehmen, wird leider noch immer - und völlig zu Unrecht - als Zeichen der Schwäche betrachtet.
Wenn wir in diesem Newsletter Männlichkeit ins Zentrum stellen, wollen wir damit auf keinen Fall die Gewalterfahrung von Frauen relativieren. Jede Form von Gewalt ist abzulehnen. Doch es gibt einen deutlichen Zusammenhang zwischen Männern und Gewalt: In der Schweiz machen Männer drei Viertel der straffälligen Personen und über die Hälfte aller Betroffenen von Straftaten aus.
Zwar gibt es viele positive gesellschaftliche Veränderungen. Doch das traditionelle Männerbild, wonach ein Mann stark sein muss und sich nötigenfalls mit Gewalt durchsetzen kann, hält sich hartnäckig. Damit Männer ihre Rolle hinterfragen und auch Schwäche zeigen können, braucht es geschützte Räume und einfach zugängliche Beratungsangebote. Und die Unterstützung der Gesellschaft.
Zum Mannsein gehört mehr als Stärke und Kraft. Das weiss auch Herbert Grönemeyer, wenn er im Refrain singt: «Männer haben's schwer, nehmen's leicht. Aussen hart und innen ganz weich.»
Ich wünsche Ihnen viel Anregung.
Beat John
Geschäftsleiter Opferhilfe beider Basel |