Am Grossereignis ESC muss auch mit Gewalt und Grenzverletzungen gerechnet werden. Sonja Roest, Leiterin Gewaltschutz und Opferhilfe Kanton Basel-Stadt, erklärt im Interview, welche Massnahmen dagegen ergriffen werden. Und wie Opfer rasch professionelle und kostenlose Unterstützung erhalten können.
Der ESC soll ein friedliches, freudiges, verbindendes Mega-Ereignis für die ganze Region sein. Wieso braucht es dennoch ein Awareness-Konzept?
Sonja Roest: Es ist heute noch kein Standard, dass an Grossereignissen sowohl Publikum als auch Mitarbeitende und Helfende in Bezug auf Grenzüberschreitungen sensibilisiert werden. Und auch nicht, dass für Betroffene niederschwellige und professionelle Unterstützung rund um die Uhr und vor Ort angeboten wird. Wenn mit hohem Publikumsaufkommen, langen Nächten und Alkoholkonsum gerechnet wird, muss auch mit einer hohen Anzahl an mutmasslichen Opfern gerechnet werden. Diese haben alle gemäss nationalem Opferhilfegesetz, unabhängig davon, ob sie eine Anzeige machen, Anrecht auf Unterstützung. Das ist unsere Botschaft. Gerade bei sexualisierter Gewalt wissen wir, dass sich Betroffene fast nie an die Polizei wenden und auch der Schritt zur Opferhilfe überfordernd sein kann. Aus diesem Grund haben wir uns dafür eingesetzt, dass während des ESC 2025 ein umfassendes Präventions- und Unterstützungskonzept umgesetzt werden kann, das niederschwellig und betroffenenzentriert ist.
Mit welchen Massnahmen versuchen die Organisatorinnen und Organisatoren mögliche Grenzverletzungen und Diskriminierungen zu verhindern und ihnen zu begegnen? Welche Aufgaben soll die Opferhilfe beider Basel am ESC übernehmen?
Wir – die Fachstelle Gewaltschutz und Opferhilfe sowie die Abteilung Gleichstellung und Diversität – arbeiten an folgenden Massnahmen: Während des ganzen ESC vom 10. bis 19. Mai betreibt die Opferhilfe beider Basel eine 24h-Hotline, gemeinsam mit der Dargebotenen Hand. In allen Venues gibt es Safer Spaces mit einer ebenfalls professionellen Betreuung durch die Opferhilfe und durch Helfende. Und mobile Awareness-Teams werden im öffentlichen Raum und teilweise auch innerhalb der Venues unterwegs sein. Unsere Partnerin dabei ist «Taktvoll Sicherheitskultur» aus Bern. Die Teams können Konflikte entschärfen und Betroffene an die Safer Space vermitteln. Damit diese Massnahmen und vor allem die Zusammenarbeitsprozesse gut funktionieren, definieren wir ein Handlungskonzept. Und wir schulen einen Grossteil der Mitwirkenden in den Bereichen Security, Gastro und Tourismus sowie Volunteering durch «Nachtsam» [www.nachtsam.info]. Der Bund unterstützt uns dafür finanziell.
Was ist Deine Botschaft an alle Besuchenden und Menschen der Region bezüglich Sicherheit und Wohlfühlen während des ESC?
Am ESC sollen sich alle Menschen willkommen und sicher fühlen. Falls Personen jedoch Gewalt, Feindlichkeiten und Diskriminierung erleben, sei es sexualisierte Gewalt, Queerfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus oder Ableismus [Diskriminierung gegenüber Menschen mit Behinderung und chronischen Erkrankungen], dann haben alle ein Anrecht auf professionelle, kostenlose Unterstützung. Diese finden sie bei der Hotline, den Safer Spaces und den mobilen Awareness-Teams. Meldet euch. Die Unterstützungsangebote sind kostenlos, auf Wunsch anonym, und eure Bedürfnisse stehen immer im Zentrum.
Opferhilfe beider Basel
Steinengraben 5
CH-4051 Basel
Montag bis Freitag
8.30 – 12.00 und
von 13.30 – 16.30